Beitrag: “Verwaltung neu denken”

“Verwaltung neu denken”

26 Jun '17 |

Meldung

​Der 5. Zukunftskongress Staat & Verwaltung nimmt für sich in Anspruch, eine Leitveranstaltung der Verwaltungsmodernisierung zu sein. Dieses Jahr konnte man tatsächlich den Eindruck eines neuen Aufbruchs gewinnen – so einstimmig fiel das Votum der Teilnehmer für eine schleunige Umsetzung der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen aus. Nach den letztlich guten Erfahrungen mit dem Aufbau eines Kerndatensystems für das Asylverfahren und vor dem Hintergrund einer neuen Gesetzeslage durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) stehen die Chancen für eine Ebenen übergreifende Digitalisierung nicht schlecht – das meinen zumindest die Protagonisten der Szene.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière forderte, “Verwaltung neu zu denken”, denn analoge Prozesse könnten nicht ohne weiteres ins Digitale übertragen werden. Deshalb sei es notwendig, vom Zuständigkeitsdenken der Verwaltung abzurücken und die Bürgerperspektive in den Fokus zu nehmen. Der geplante Portalverbund, gab sich der Minister überzeugt, werde binnen fünf Jahren eine Digitalisierungsoffensive einleiten. Gleichzeitig könne die Digitalisierung “eine Chance für das Recht” bedeuten, das sich den Veränderungen durch Technik anpassen müsse. Damit spielte er auch auf die Sicherheitsgesetzgebung an. “Gute Digitalpolitik sieht immer beide Seiten, die Freiheiten und ihre Grenzen”, so de Maizière.
Ob Bildungspolitik, Arbeit 4.0 oder Verwaltung 24/7 – die Digitalisierung greift in jedem Sektor um sich, allerdings an verschiedenen Orten mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Chan Cheow Hoe, CIO von Singapur, zeigt an spannenden Beispielen wie “smart” eine City sein kann, wenn genügend politischer und gesellschaftlicher Wille vorhanden sind. Hiervon ist Deutschland noch weit entfernt.

​Jens Spahn, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, hielt am zweiten Kongresstag bei der sogenannten “Staatssekretärsrunde” jedoch daran fest, dass “in den letzten fünf Jahren schon viel passiert” sei und die vorhandene Digitale Agenda nicht revidiert, sondern ständig aktualisiert werden müsse. Im Portalverbund sieht er einen “großen Schritt nach vorn”. Sein bayerischer Kollege, Staatssekretär Albert Füracker, schilderte die Digitalisierungssituation in seinem Bundesland, wo Bürgerportale vielerorts schon eingeführt sind, und verwies beim flächendeckenden Aufbau von Breitband, WLAN und 5G auf die von der bayerischen Verfassung garantierte “Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse”.

Als Moderator Johannes Ludewig, zugleich Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrats, nach dem Grund der verbreiteten Zuversicht angesichts des “langsamen Tempos der letzten Legislatur“ fragte, wurde auch auf diesem Podium der Ruf nach einer Reform des Datenschutzes laut. Solange der Datenaustausch zwischen Behörden vom Datenschutz blockiert werde, könne es kein “Once only” und keinen vollständig automatisierten Verwaltungsakt geben. Um hier voranzukommen, sagte Jens Spahn, müssten Bund, Länder und Kommunen besser zusammenarbeiten. Thorben Albrecht, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, gab zu bedenken, dass dies nicht nur “top-down” geschehen dürfe, sondern auch im Rahmen einer Veränderungskultur.